Mit einem meiner Kunden aus der Dienstleistungsbranche habe ich kürzlich ein böse Überraschung erlebt. Durch die Umstellung der Mehrwertsteuer von Ist- auf Soll-Besteuerung zum Januar 2009 klaffte plötzlich ein Liquiditätsloch von mehreren 10 T EURO.
Zum Hintergrund:
Auf Antrag beim Finanzamt können Kleinunternehmen (< 250 T€ Jahresumsatz bzw. <500 T€ im Osten) die Abführung der Umsatzsteuer auf die erfolgten Einzahlungen bzw. Auszahlungen begrenzen. Mehrwertsteuer ./. anrechenbarer Vorsteuer wird nur auf die tatsächlich bezahlten Rechnungen ermittelt und abgeführt (Ist-Besteuerung). Insgesamt ist dies die vorteilhaftere Regelung.
Bei der Soll-Besteuerung hingegen werden auch offene Forderungen bzw. Verbindlichkeiten berücksichtigt. Dies führt zu einer Vorfinanzierung der Umsatzsteuer, wenn der Betrag nicht zum Zeitpunkt der USt-Fälligkeit eingegangen ist.
Mein Kunde überschritt im Vorjahr die Umsatzgrenze und das Finanzamt stellte zum Jahreswechsel die Besteuerung von Ist auf Soll um. Somit mussten mit der Voranmeldung für Januar auch die offenen Forderungen in volle Höhe angemeldet werden. Nun war mein Kunde durch seinen Steuerberater vielleicht nicht deutlich genug auf die Konsequenzen hingewiesen worden, denn es wurden „plötzlich“ weitere 10 T€ Umsatzsteuer fällig, die eine deutliche Liquiditätslücke zur Folge haben.
Jetzt muss zunächst die Liste der offenen Forderungen bereinigt werden, da Teile davon sicherlich in der ursprünglich gebuchten Höhe nicht mehr kommen werden. Auch müssen alte Forderungen ggf. wertberichtigt werden. Und die offenen Forderungen müssen in Zukunft noch konsequenter eingetrieben werden, da sonst die beschriebene Vorfinanzierung ernste Probleme bereiten wird.
Fazit: die „lapidare“ Umstellung der Besteuerung hatte gravierende Folgen, die vorher nicht ausreichend analysiert worden waren. Schließlich hätte ein versierter Steuerberater vielleicht noch einige Gestaltungstricks gekannt.